Liebe & Sex > Sex
Heuer: Die sexuellen Erfahrungen mit Frauen sind gegenüber den sexuellen Erfahrungen mit Männern langweilig.
23.04.2014
Die sexuellen Erfahrungen mit Frauen sind gegenüber den sexuellen Erfahrungen mit Männern langweilig. Das Verhältnis zur Schwester ist besser, als das Verhältnis zur Mutter.

An der Bar des Heuer am Karlsplatz, ehemals Kunsthallencafe, sitzt an einem frühen Freitag Abend im April 2014 ein Österreichisch-Deutsch sprechender Halbasiate, mit einem nicht asiatisch aussehenden zweiten Mann und tauscht sich über die schlechte Musik der neunziger Jahre bis zum Detail, dass das Verhältnis mit der Schwester weitaus besser ist, als mit der Mutter sowie der Vater Ingenieur ist, aus. Irgendwann fällt auch das Wort schwul, was dazu führt, dass ein ebenfalls anwesender Gast mit seinem noch an der Bar sitzenden 8-jährigen Sohn, die beiden Männer um die 25 bis 30 Jahre, anspricht, um Fragen zu stellen. Die erste Frage war, ob Fragen gestellt werden dürfen. Darauf ein etwas irritierter Blick. Dann die Frage: „Sind sie schwul?“ Der Halbasiate reagiert darauf: „Achso, ist das hier ein Schwulenlokal?“ Die Antwort: „Nein, nicht dass ich wüsste, aber kann sein.“ Worauf die Frage mit „ja, schwul“ beantwortet wurde. Die nächste Frage war dann: „Sind Ihre Eltern aufrecht verheiratet?“ Darauf dann die Antwort: „Ja, das ist die perfekte Ehe. Die perfekte familiäre Situation, Vater und Mutter, Schwester und Bruder.“

Der Vater ist ein österreichischer Ingenieur. Die Mutter ist Japanerin. Daraufhin kam die Frage zurück, ob denn der Fragesteller schwul sei, weil er so bunt, metrosexuell, wie man das vielleicht nennt, gekleidet sei und ob das Leopardenimmitationsfell-Handytäschchen am Gürtel diesen Eindruck nicht bestätige.

Der Fragesteller erklärt, nicht schwul zu sein, aber sich für den Sacherhalt zu interessieren, weil die österreichische Rechtslage so ist, dass die Mann-Frau-Sexualität de facto sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verboten ist, auch wenn dies dem Großteil der Bevölkerung nicht bewusst ist. So beschweren sich regelmäßig Frauen, dass sie von Männern, an denen sie interessiert sind, nicht angesprochen werden. Aber auf die konkrete Frage, was sie tun, wenn sie der falsche Mann anspricht, mit äußerste negativen Belästigungsvorwürfen etc. darauf reagieren, sodass es kein Wunder ist, dass es ein Mann, der von vorhinein nicht wissen kann, dass er das Objekt der Neugierde, Begierde, des Wunsches der Frau ist, sich diesem Risiko erst gar nicht aussetzt, sondern darauf wartet, bis er von Frauen, die dann in diesem Fall Mütter auf der Suche nach dem Kind sind, auch wenn sie erst 14,15 oder 16 Jahre alt sind, angesprochen wird.

Die nächste Frage war dann, ob es auch sexuelle Erfahrungen mit Frauen gibt; was bejaht wurde. Daraufhin gleich die nächste Frage: „Ob nicht diese Sexualität mit Frauen eine derart schlechte Qualität hat, dass sie im Verhältnis zur Homosexualität einfach langweilig ist?“ Der zweite dort sitzende Mann bestätigt all das ebenso. Allerdings auf die ebenfalls gestellte Frage nach seinen Eltern, erklärt er, dass seine Eltern bereits geschieden sind, aber zum Zeitpunkt seines homosexuellen Outings, und auch noch danach, verheiratet waren.

Der Fragesteller erklärt, dass eine sexuelle Orientierung auf den Tisch zu legen, auch die Eltern dazu zwingt, sich mit ihrer Sexualität auseinanderzusetzen.

So erzählt der Fragesteller von einem jungen homosexuellen Mann, David Z., der sich aufgrund einer Auseinandersetzung mit www.loosreport.com und dem diesbezüglichen Fragebogen mit der Mann-Frau-Sexualität von Mutter und Vater auseinandersetzte und auf einmal von seiner Mutter ins Vertrauen gezogen wurde, wie diese Sexualität zwischen Mann und Frau, also jedenfalls für seine Eltern nicht funktioniert. Was diesen homosexuellen Mann, dessen Eltern für seine Situation, wie man das so schön formuliert, Verständnis haben, sehr betroffen machte.

Auch der Einwand des Fragestellers, dass man homosexuell wird, um der Bemutterung der Frauen zu entgehen, um damit ein Mann und nicht ein Kind sein zu können, war für diesen nachvollziehbar und hat er durchaus bestätigend sich diesbezüglich geäußert.

Dass es natürlich für einen Mann nicht möglich ist, eine sexuelle Beziehung zu einer Partnerin herzustellen, die ihn bemuttert, sei es durch Suppenkochen, Putzen oder auch Mitleid mit seiner familiären Situation, ist, wenn man ein bisschen nachdenkt, auch verständlich. Kein weibliches Tier macht sich Gedanken über ein männliches Tier.

Da kam aber auch der Einwand von dem Halbasiaten, dass wir keine Tiere sind. Was der Fragesteller wiederum mit dem Hinweis beantwortete, dass, wenn wir keine Tiere wären, keine Tierversuche für Medikamente oder die Herstellung von Medikamenten, die sämtliche ohne die Voraussetzung, dass der Mensch ein Tier ist, nicht möglich wäre.

Der Fragesteller erklärt noch, dass er, wenn er ernsthaft darüber nachdenkt, für seine Söhne, obwohl er selbst eine Mann-Frau-Sexualität führt, die Homosexualität eine Überlegung wäre, weil man da unbefangen miteinander umgehen kann, ohne gleich mit einer Anzeige wegen sexueller Belästigung oder als Dienstgeber mit einer Schadenersatzforderung wegen sexueller Belästigung konfrontiert zu sein.

Da antworteten beide Homosexuellen sofort, dass man das sofort mit dem Internet lösen kann. Auch Homosexuelle sprechen sich nicht mehr an, sondern knüpfen Kontakte übers Internet und man sitzt in entsprechenden Lokalen und benutzt eine Homosexuellen-App und stellt dann fest, wer auch im Lokal ist und beginnt über das Internet im Lokal am Handy miteinander zu kommunizieren, wie dies offensichtlich die beiden vor diesen Termin zu einem gemeinsamen Bier im Heuer, ehemals Kunsthallencafé am Karlsplatz, machten.

Das seinerzeitige Handbuch der homosexuelle Führer „Spartacus“, den es noch immer gibt, war diesen erst auf Nachfragen bekannt und klärten die beiden den Fragesteller auf, dass wie bereits zuvor gesagt das Ansprechen selbst in einschlägigen Lokal völlig durch das Internet abgelöst wurde und damit in diesem Punkt zwischen der Mann-Frau-Sexualität und der Homosexualität kein Unterschied mehr bestünde. Nämlich, dass die Kontaktaufnahme über das Internet erfolgt und der persönlich sich ansprechende Kontakt zumindest in Mitteleuropa und der westlichen Welt der Vergangenheit angehört.    


BW

Titelbild: Fotocredit: Elsa Okazaki
Bei den im Artikel verwendeten Bildern handelt es sich um Symbolbilder. Diese zeigen nicht die tatsächlichen Personen.

Los Angeles, June 1991. Urheber: Alan Light
Paar im Gespräch: Herkunft/Fotograf: kunstauktionen-duesseldorf.de/de/katalogdetails/17/207/2

 

die-frau.ch