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Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
15.11.2010
„Sie nähern sich einem Kreisverkehr. Haben Sie hier den Vorrang gegenüber dem roten Traktor?“

Selbst Menschen, die schon lange den Führerschein haben, können diese Frage nicht unbedingt immer gleich beantworten. Was gilt? Die „rechts vor links“-Regel? Oder ist ein Kreisverkehr eine Ausnahme? Gibt es vor dem Einfahren in einen Kreisverkehr keine Schilder, die einem sagen, was man zu tun hat? Und wer macht sich wirklich all diese Gedanken, wenn er im Auto sitzt und eine Entscheidung fällen muss?

In Österreich umfasst der Preis für ein Führerscheinpacket 10 Theorieeinheiten, Fahrstunden (außer Hauptschulung), Prüfungsvorbereitung und Prüfungsantritt (Theorie und Praxis). Obwohl man nach jeder Theorieeinheit eine Unterschrift des Führerscheinlehrers in die Kurskarte erhält und sich in den Anwesenheitszettel eintragen muss, besteht keine Verpflichtung, die gesamte Anzahl an Theorie- oder Praxisstunden beim Antritt bei der Prüfung nachzuweisen. Den Inhalt des Theorieunterrichts gibt es in der Zwischenzeit auch auf CD oder USB-Stick, der Unterricht selber ist also überflüssig geworden. Trotzdem muss man nach wie vor die kompletten 1200 Euro für das Gesamtpaket hinblättern.

Im Vergleich zu Österreich wird dem amerikanischen Bürger die Möglichkeit geboten, kostengünstig (der Preis schwankt um 30 Dollar) und mit wenig Aufwand und viel Zeitersparnis eine „driver’s license“ zu erlangen. Es gibt keine Führerscheinpakete mit Theorieeinheiten und Fahrstunden, jeder Führerscheinanwärter entscheidet nach eigenem Ermessen, einen Unterricht zu besuchen oder nicht. Es reicht ein Bekannter, der eine Ausbildungsberechtigung hat, um sich vorzubereiten. Die Prüfung ist dementsprechend leicht, und man muss sich schon einiges leisten, um sie nicht beim ersten Anlauf zu schaffen. Alle Infos, die ein angehender Lenker eines Kraftfahrzeuges braucht, gibt es gratis über das Department of Public Safety.

Die Frage ist also, was der Theorieunterricht in Österreich (und anderen europäischen Ländern) überhaupt noch für einen Sinn hat. Wie viel Wissen schöpft man daraus? Und lernt man dort etwas, das man später, in der Praxis, tatsächlich anwendet?

Oder sollte man nicht lieber nach Amerika fliegen, um dort kostengünstig und nervenersparend den Führerschein zu machen? Allerdings ist nicht gesagt, dass die Amerikaner so tolle Fahrer sind. Was also vielleicht am meisten fehlt, das ist, dass Sinn und Zweck vieler Sachen, für die man sehr viel Geld ausgeben muss, klar gemacht werden. Wenn man weiß, wozu man Geld ausgibt, macht man es gerne. Wenn man den Sinn aber nicht einsieht, weil er einem einfach nicht vermittelt wird, dann sollten einem auch Alternativmöglichkeiten angeboten werden.

(vs)

Fotos: mzacha
          jzlomek

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