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Frauen als Oberrichterinnen beim Polterabend
29.11.2014
Helmut Köpping (Schauspielhaus Graz) und Ed Hauswirth (Theater im Banhhof) bringen Akteure aus den Stücken „Höllenangst“? Oberrichter Thurming, „Umsonst“? Künstler Artur, emotional gespielt von Franz Solar, und Pitzl (Gerhard Balluch) sowie aus dem Stück „Der böse Geist Lumpazivagabundus“? ehemalige Millionäre Leim (Matthias Ohner), Zwirn (Lorenz Kabas) und Knieriem (Rupert M. Lehofer) zusammen. Der Anlass ist banal, banaler geht es nicht mehr: ein Polterabend. Sobald die Kehlen mit Alkohol durchtränkt sind, die Musikanten angesichts der späten Stunde keine Kraft mehr zum Singen und Spielen haben und der Abend sich ins Langweilige wendet, kommt der Bräutigam auf eine Unterhaltungsidee: es wird schmutzige Wäsche gewaschen.

Sehr mutig geben die Männer ihre privaten, oft sogar illegalen Geheimnisse preis. Dadurch wird ihre Freundschaft auf Loyalität geprüft. Diese Geschichten über den Erfolg, die Fähigkeit, in jeder Situation einen Ausweg zu finden, stellen den Kern des Stückes dar. Dabei spielt die Ehrlichkeit und Offenheit dieser Erzählungen eine wichtige Rolle. Wer A sagt, muss auch B sagen.

Als Antipode zur lebendigen Darstellung der Männer, die einen Polterabend feiern, bei dem Klamotten durch die Gegend fliegen und Kehlen mit Alkohol verbrannt werden, wird der Tod vorgeführt. Das Stück beginnt bereits mit einer Ansage von Thurming (Christoph Rothenbuchner) darüber, dass er einen Anruf über den Tod des Ministers erwartet. Dementsprechend schließt das Stück mit einem Anruf und einer Mitteilung über den Abgang vom Minister. Symbolisch stellt Nestroy damit seine eigene Todesangst dar, lebendig begraben zu werden. In seinem Testament vermerkte er, dass sein Sarg drei Tage nach seinem Tod offen gelassen und der Deckel nicht angenagelt werden soll.

Erwähnenswert ist die Rolle von drei Frauen im Stück. Sie treten nämlich in Gestalt von „Richterinnen“ auf. Zwei Feen, wie sie sich nennen, gehen eine Wette ein. Sie wetten über die Männer, die den Polterabend feiern, dass diese sich nie moralisch bereinigen werden. Der dritten Frau übergeben sie die Macht der Führung über das Geschehen in dem Lokal. Diese Frauen werden als starke Wesen, die wissen, was sie wollen und ohne viel Nachdenken eine Entscheidung treffen und deren Wort eine Kraft hat, dargestellt. Symbolisieren sie die Nestroyschen Vorstellungen Frauen? Denn wenn man eine Parallele zum Nestroys Privatleben herstellt, so hatte er zwar mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Marie Weiler Kinder gezeugt, jedoch ging er immer fremd. Die Mutter seiner Kinder war für ihn eine wahre Stütze in finanziellen und administrativen Angelegenheiten. Auch wenn beide nie heirateten, machte er neben Legaten für seine Kinder und Geschwister Marie Weiler zur Universalerbin.
 

Mit Witzen und kleinen Lebensweisheiten ist das Stück eine Bereicherung für den Abend.


Fotos: Lupi Spuma/ Schauspielhaus Graz

die-frau.ch