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Die gekränkte Frau und der Umgang der Justiz mit ihr
12.07.2011
Sie bejahte die Frage, ehe sie seinen Namen wusste. Es folgte eine zweijährige Beziehung mit häufigem und teilweise heftigem Sex. Die Zweierbeziehung wurde schon bald einengend und er suchte Zuflucht im Alkohol, während sie Gefallen an anderen Männern fand. Sie wurde schwanger, vermutlich von einem anderen Mann. Eines Tages kam es wieder mal zum Streit, welcher zum Abbruch jeder vernünftigen Kommunikation führte. Bei einem zufälligen Treffen bahnte sich dann doch noch der herbeigesehnte Versöhnungssex an. Leider konnte dieser die beiderseitigen Erwartungen nicht erfüllen und so standen sie vor dem Trümmerhaufen ihres Lebens. Was blieb, waren eine schwangere Frau, die nach der Geburt des Kindes keinen Mann als Vater angeben wird, und der Vorwurf einer Vergewaltigung.


Frau X fühlt sich verletzt und als Opfer, wenn sie in Wahrheit doch auch ein Opfer ihrer selbst ist, da dieser Mann ihre Wahl war. Diese - auf Grund ihrer eigenen Entscheidung verletzte - Frau hat es auch als vermeintliches Opfer einer Sexualstraftat schwer. Wer glaubt mir? Wer glaubt mir nicht? Bekomme ich ausreichend Mitleid? Nimmt sich jemand meiner Sorgen an? Bekomme ich Beachtung? In diesem Opfer-Zustand soll nun die Frau im Strafverfahren gegen den Mann Aussagen tätigen, die der Wahrheit entsprechen.


Im österreichischen Strafverfahren wird nur bei minderjährigen Frauen, die gegen einen Mann Anzeige erstatten oder sich einem Strafverfahren angeschlossen haben, die Aussagefähigkeit überprüft, das heißt, ihre Aussage auf Richtigkeit und Glaubwürdigkeit überprüft. Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ist auf unmündige oder jugendliche Zeugen mit Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten beschränkt.


Eine volljährige Frau, so die Annahme der österreichischen Gerichte, kann, außer bei bewusster Lüge, nur die Wahrheit sagen. Die Aussage einer volljährigen Frau bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht braucht, außer bei bewusster Lüge, nicht auf ihre Denkmöglichkeit hinterfragt zu werden. Die Schilderungen einer volljährigen Frau entsprechen immer den tatsächlichen Vorgängen.


Vielleicht sind diese Annahmen der österreichischen Gerichte ein Grund dafür, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung kein Vertrauen in die Justiz hat. Vielleicht sind diese Annahmen der österreichischen Gerichte auch ein Grund dafür, dass Männer, die den Ärger einer Frau auf sich gezogen haben, unschuldig hinter Gittern sitzen und echte Täter auf freiem Fuß sind. Die österreichischen Gerichte täten gut daran, sich von nicht nachvollziehbaren, weltfremden Gedankenmustern zu verabschieden und sich der aktuellen Wirklichkeit zuzuwenden.


Sexuelle Erlebnisse zu thematisieren, fällt nicht nur Polizisten und Juristen schwer, diese sind auf Grund der Intimität und gesellschaftlichen Tabuisierung auch bei jedem gesunden Menschen eine große psychologische Hürde. Juristen, die glauben, über diesen Intimbereich mit einer Gesetzeswalze "drüberfahren" zu können, benötigen jedenfalls psychologische Betreuung.


Eine, jedenfalls nach außen erkennbare, allgemeine Solidarisierung mit sogenannten Opfern ab 14 entspricht nicht dem Auftrag der Gerichte, vielmehr sollte sie das zwischenmenschliche Zusammenleben, auch zwischen Mann und Frau, nicht unterdrücken, sondern ermöglichen.


Ein Ausweg aus dem vermeintlichen Opfer-Dasein kann nur durch einen gesetzeskonformen Verleumdungsschutz bewirkt werden. Verleumdungsschutz bedeutet, den Tatbestand der Verleumdung ernst zu nehmen, und gegebenenfalls zu ahnden, egal welches Geschlecht ihn erfüllt. Dieser kommt allen Beteiligten, auch dem vermeintlichen Opfer, welches sich nicht länger als Opfer fühlen muss, zu Gute. Außerdem kann nur durch Überprüfen der Aussagen der Frau auf ihre Richtigkeit und Glaubwürdigkeit gewährleistet werden, dass die richtigen Anzeigen und echten Täter verfolgt werden.


MMag. Barbara Sattinger (Rechtsanwaltsanwärterin in Wien )

die-frau.ch