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Faust I an der Burg
18.01.2010
Der neue Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann ging durchaus ein Wagnis ein, als er gleich am Anfang der ersten von ihm verantworteten Saison Faust I inszenieren wollte. Obwohl die Kritiken ambivalent sind, scheint sich das Publikum einig zu sein: Die Vorstellungen sind fast immer ausverkauft und selbst auf den Stehplätzen drängen sich die Zuschauer.

Dabei war der Start alles andere als einfach, denn Ende September brach sich der Mephistopheles-Darsteller Gert Voss das Schienbein und muss bis Ende Jänner 2010 pausieren. Ersetzt wurde er durch den Schauspieler Joachim Meyerhoff. An seiner Seite steht Tobias Moretti in der Rolle des Heinrich Faust.

Das Stück ist weltberühmt, doch der Stoff rund um Doktor Faustus von Johann Wolfang von Goethe wurde schon seit über 30 Jahren nicht mehr an der Burg inszeniert, man könnte also meinen, dass es nun endlich wieder an der Zeit war.

Kurz zur Handlung: Faust schließt einen Pakt mit dem Teufel: Der alternde und lebensmüde Wissenschaftler Faust bekommt im Tauschgeschäft für seine Seele sein jugendliches Aussehen und einen neuen Elan zurück. Die zwei begeben sich dann auf eine Reise, die Faust zu Gretchen führt. Er verliebt sich auf der Stelle in das unschuldige Bürgermädchen und versucht, sie mit Geschenken (welche Mephisto für ihn besorgt) zu umgarnen. Es hätte alles so schön sein können, doch nachdem Faust Gretchen geschwängert hat, lässt er sie im Stich...

Trotz der traurigen Geschichte hat die Inszenierung auch ihre heiteren Stellen. Der „Prolog im Himmel“ wirkt durch das einfache und moderne Bühnenbild wie auch durch die verkitschte Darstellung der Engel mit Flügeln und Heiligenschein satirisch. Der Faust-Monolog am Anfang des Dramas wird in die Neuzeit transferiert. Anstatt nur über Büchern zu brüten, notiert Faust, ganz modern, seine Gedanken in einem Internetblog. Seine ganze Wut über die eigene Unzulänglichkeit lässt er dann an seinem Notebook aus, welches auf der Bühne zerstört wird.

Die schauspielerische Leistung von Meyerhoff ist beeindruckend, ob als Pudel oder Teufel – er wirkt überzeugend. Tobias Morettis Spiel in der Titelrolle scheint allerdings weit weniger emotionsgeladen. Gretchen-Darstellerin Katharina Lorenz wirkt authentisch, man leidet mit ihr und ist traurig über ihr Schicksal, aus dem sie nicht entfliehen kann oder will.

Wer nun neugierig geworden ist, sollte sich dieses Stück nicht entgehen lassen. Es wäre doch zu schade, noch einmal 30 Jahre warten zu müssen.

(dw)

Foto: Georg Soulek

die-frau.ch